15. Januar 2023 / 09:33 Uhr

Auslaufende Verträge bei Reus, Hummels, Guerreiro und Co.: Die Baustellen von BVB-Sportdirektor Kehl

Auslaufende Verträge bei Reus, Hummels, Guerreiro und Co.: Die Baustellen von BVB-Sportdirektor Kehl

Christian Müller
RedaktionsNetzwerk Deutschland
Die BVB-Verträge von Marco Reus, Mats Hummels und Raphael Guerreiro (v.l.) laufen im Sommer aus.
Die BVB-Verträge von Marco Reus, Mats Hummels und Raphael Guerreiro (v.l.) laufen im Sommer aus. © IMAGO/Nordphoto/Revierfoto/Team 2 (Montage)
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Nicht nur sportlich stehen Borussia Dortmund nach dem bislang mäßigen Saisonverlauf anspruchsvolle Wochen bevor. Abseits des Platzes wartet viel Arbeit auf Sportdirektor Sebastian Kehl. Verträge mehrerer Leistungsträger, darunter die Kapitäne Marco Reus und Mats Hummels, laufen am Saisonende aus. 

Der Poker um Supertalent Youssoufa Moukoko ist derzeit die wohl am heißesten diskutierte Personalie bei Borussia Dortmund. Nach langen und zähen Verhandlungen zeichnete sich zuletzt aber ab, dass der 18-Jährige seinen im Sommer auslaufenden Vertrag beim BVB doch verlängern und damit einem möglichen Wechsel ins Ausland eine Absage erteilen könnte. Doch der sich anbahnende Deal mit Moukoko ist nicht die einzige große Baustelle, mit der sich die Verantwortlichen um Sportdirektor Sebastian Kehl in den kommenden Wochen beschäftigen müssen. Den hauptsächlich in der 3. Liga eingesetzten Ersatztorwart Luca Unbehaun ausgeklammert, enden nach der Saison die Verträge von sieben Profis bei den Dortmundern. Unter ihnen sind neben Moukoko fünf weitere potenzielle Stammspieler. Der SPORTBUZZER, das Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), gibt einen Überblick über Kehls Vertrags-Baustellen.

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Marco Reus

Schon seit 2012 spielt der gebürtige Dortmunder beim BVB, ist damit aktuell dienstältester Profi im Kader der Westfalen. Seit 2018 ist er Kapitän, er gilt als Spitzenverdiener mit einem angeblichen Jahressalär von weit mehr als zehn Millionen Euro. Ende Mai wird der oftmals von Verletzungen geplagte Reus 34 Jahre alt, ein langfristiger Kontrakt ist im Falle einer Verlängerung also eher nicht zu erwarten. Viele Beobachter waren sich eigentlich einig, dass ein Verbleib des Nationalspielers bei seinem Herzensklub mehr oder weniger Formsache sei. Zu groß sind seine Popularität bei den Fans, seine Verbundenheit zum Klub und trotz fortgeschrittenen Alters sein sportlicher Wert für das Team. Doch als Reus zuletzt auf englische Medienberichte über einen Transfer zum Ronaldo-Klub Al-Nassr in Saudi-Arabien angesprochen wurde, blieb der Offensivspieler (368 Pflichtspiel-Einsätze für den BVB, 156 Tore) bemerkenswert vage: "Natürlich schaust du voraus und ich habe nur noch ein halbes Jahr Vertrag. Da wäre es falsch, sich keine Gedanken zu machen."

Mats Hummels

Ähnlich wie Reus gehört auch der Weltmeister von 2014 fast schon zum Inventar in Dortmund. Seit 2019 spielt Hummels wieder bei den Schwarz-Gelben, für die er vor seinem dreijährigen Intermezzo beim FC Bayern bereits seit Januar 2008 aktiv gewesen war. Nun ist der Ex-Münchener bereits 34 Jahre alt und blickt Gesprächen über eine Verlängerung seines Kontraktes gelassen entgegen, wie er im November 2022 erklärte. Sportlich hat Hummels gute Argumente: Auch wenn die Belohnung in Form einer Nominierung für die aus deutscher Sicht verkorkste WM ausblieb, wirkt Hummels in der laufenden Saison in seinen Leistungen souverän wie lange nicht, war in den vergangenen Monaten verletzungsfrei und bei BVB-Trainer Edin Terzic gesetzt. Und das, obwohl die Borussia im Sommer mit Niklas Süle (FC Bayern) und Nico Schlotterbeck (SC Freiburg) zwei jüngere, hochveranlagte deutsche Innenverteidiger verpflichtete.

Raphael Guerreiro

Immer wieder ranken sich um den portugiesischen Europameister von 2016 Wechselgerüchte, seit er vor sechseinhalb Jahren vom französischen Erstligisten FC Lorient ins Ruhrgebiet kam. Spekulationen um einen Abschied Guerreiros wurden in den vergangenen Monaten zudem durch Berichte über ein Dortmunder Interesse an Ramy Bensebaini von Borussia Mönchengladbach befeuert, der wie Guerreiro Linksverteidiger ist. Für Guerreiro spricht neben seiner guten Technik seine Qualität im Spiel nach vorn. Mit 37 Treffern in 206 BVB-Einsätzen ist er für einen Außenverteidiger (der auch auf der offensiven Außenbahn eingesetzt werden kann) bemerkenswert torgefährlich. Skeptiker werfen dem 29-Jährigen jedoch bisweilen eine gewisse Verletzungsanfälligkeit vor. Denn Guerreiro muss immer wieder mit kleineren, meist muskulären Blessuren pausieren, allein seit September 2022 war dies bereits zweimal der Fall.

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Mahmoud Dahoud

Jahrelang wurden die Leistungen Dahouds im Dortmunder Umfeld mitunter kritisch gesehen. Seit der ersten Amtszeit von Terzic, der Ende 2020 nach der Trennung vom damaligen Chefcoach Lucien Favre ein halbes Jahr lang interimsmäßig übernahm, hat sich der 2017 aus Mönchengladbach verpflichtete Mittelfeldspieler jedoch beständig gesteigert. Der damalige Bundestrainer Joachim Löw verhalf ihm im Oktober 2020 gar zum DFB-Debüt. Dahouds positive Entwicklung lässt sich auch in Zahlen ablesen: Mit zwei Treffern und vier Assists in 22 Bundesliga-Einsätzen lieferte der 27-Jährige 2021/2022 seine bislang stärkste Saison im BVB-Dress ab. Auch er ist körperlich jedoch nicht so stabil, wie seine Vorgesetzten es sich vielleicht wünschen würden. 15 Mal musste Dahoud in seiner Dortmunder Zeit wegen Krankheiten und Blessuren bereits Zwangspausen einlegen. In keiner Saison bei den Schwarz-Gelben absolvierte er mehr als 22 Bundesliga-Spiele. Zuletzt erlitt er Ende August bei der 2:3-Niederlage gegen Werder Bremen seine zweite schwere Schulterverletzung binnen weniger Monate.

Anthony Modeste

Eine Trennung im Sommer erscheint im Falle des französischen Angreifers am wahrscheinlichsten. Die Verpflichtung von Modeste war vor Saisonbeginn eine Reaktion auf die Krebserkrankung des nun vor seinem Dortmunder Bundesliga-Debüt stehenden Sébastien Haller. Zwar löste Modeste mit seinem 2:2-Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit des Topspiels gegen den FC Bayern große Euphorie beim BVB aus. Ansonsten aber waren die Auftritte des 34-Jährigen meist diskreter als in seiner letzten Saison in Köln, als er den FC mit 20 Liga-Treffern in die Conference League schoss. In Dortmund zeichneten sich schnell Anpassungsschwierigkeiten zwischen dem auf Kombinationsspiel geeichten Team und dem eher auf Flanken lauernden Stürmer ab - zwei Tore in 19 Pflichtspielen sind eine schwache Quote. In den letzten Wochen vor der WM-Unterbrechung vertraute Terzic eher dem formstarken Youngster Moukoko als Routinier Modeste, der mit dem genesenen Haller nun zusätzliche Konkurrenz erhält.

Felix Passlack

Zwei Dinge sprechen für den 24-Jährigen: seine Vielseitigkeit - Passlack kann defensiv wie offensiv beide Außenbahnen beackern. Und seine Identifikation mit dem Verein. Der gebürtige Bottroper spielte schon in der Jugend für den BVB und ist keiner, der öffentlichkeitswirksam seine Unzufriedenheit kundtut und mehr Einsatzzeiten einfordert. Dabei kann er mit seiner sportlichen Ausbeute in Dortmund eigentlich schwerlich glücklich sein. Seit er 2020 letztmals von einer Ausleihe (Fortuna Sittard) zurückkehrte, absolvierte er erst 19 Punktspiele für die Dortmunder. Beide Parteien - der Spieler und der BVB - werden demnächst beantworten müssen, ob sie dennoch aneinander festhalten wollen.