Insgesamt stabiler als noch in der Hinrunde - und doch hat der VfL Wolfsburg schon 40 Gegentore nach 26 Spieltagen kassiert. In den vergangenen zehn Jahren waren es bei den Niedersachsen zu diesem Saison-Zeitpunkt nur einmal mehr. "Wir wissen, wir haben viel zu viele Gegentore bekommen - das müssen wir schleunigst ändern", fordert VfL-Torhüter Pavao Pervan vor dem Duell am Sonntag (17.30 Uhr) mit Bayer Leverkusen, das ganz nebenbei mit 64 Treffern die drittmeisten Tore aller Teams in der Fußball-Bundesliga geschossen hat.
Aber: Es ist jetzt nicht so, dass der VfL in der Rückrunde eine Packung nach der anderen bezogen hat. Nur beim 0:2 in Leipzig haben die Wolfsburger ein Spiel mit zwei Toren Unterschied verloren, gleichwohl ist der VfL hinten längst nicht so sattelfest wie noch in der vergangenen Spielzeit, als er nach RB Leipzig die zweitbeste Defensive der Liga hatte. "Das ist das Resultat dessen, dass wir in dieser Saison nicht so leidenschaftsvoll verteidigt haben, wie wir das in den drei Jahren zuvor gemacht haben", sagt Manager Jörg Schmadtke. "40 Gegentore sind nicht toll, keine Frage. Aber es ist jetzt auch nicht so, dass ich sage: Bei uns passt hinten gar nichts."



Ähnlich denkt da auch Pervan. "Es kann nicht sein, dass du so viele Tore schießen musst, um ein Spiel gewinnen zu können, sondern es muss auch mal ein 1:0 reichen. Das ist der Anspruch einer defensiv so starken Mannschaften wie unserer - obwohl wir das dieses Jahr nicht so oft zeigen, wie wir das gern würden", sagt der Torhüter, der am Sonntag erneut zwischen den Pfosten steht, wenn die Nummer 1 Koen Casteels (Hüftprellung) nicht rechtzeitig fit werden sollte. Aber warum hat Wolfsburg schon so viele Gegentore bekommen? "Schwer zu sagen", so Pervan, der über die Trainerwechsel (Mark van Bommel für Oliver Glasner, Florian Kohfeldt für Mark van Bommel) und die damit verbundenen neuen Spielphilosophien spricht. Gleichwohl sieht er den VfL unter Kohfeldt deutlich stabiler unterwegs, wie auch Schmadtke betont.
Dennoch: Der VfL kriegt seine Probleme in der Defensive nicht vollends in den Griff: Beim 2:2 in Gladbach hatte er immer wieder mit Schwierigkeiten zu kämpfen, beim Sieg gegen Union Berlin ebenfalls, beim 2:3 am Samstag in Freiburg gab es mehrere individuelle Fehler, die zur Niederlage führten. Dabei haben Abwehrkante John Anthony Brooks und Co. etwa beim Sieg in Frankfurt gezeigt, dass sie es sehr wohl besser können. Nicht nur Pervan weiß: Gegen Bayer muss der VfL über die gesamte Spielzeit hellwach sein. "Die Leverkusener sind bekannt dafür, dass sie sehr oft pressen möchten. Und sie haben trotz einiger Ausfälle immer noch sehr viel Qualität. Sie werden alles versuchen, das Spiel für sich zu entscheiden." Er fügt jedoch kämpferisch hinzu: "Das werden wir auch machen."
Er selbst hat gute Erinnerungen an Bayer. Am 1. September 2018 hatte der Österreicher seine VfL-Premiere in Leverkusen gefeiert. "Damals haben wir 3:1 gewonnen, ich hoffe, dass das wieder so positiv ausgeht. Anderseits wissen wir auch: Das wird wahnsinnig schwer." Ob er selbst erneut im Tor stehen wird, ist noch offen ("Ich bereite mich immer so vor, als ob ich spiele"). Bei der Niederlage in Freiburg war der 34-Jährige bei den Gegentoren chancenlos, bei seinem Einsatz zuvor in Mainz hatte aber auch er gepatzt.
Neben Freiburg und Mainz hatte der Torhüter, der trotz seiner Reservisten-Rolle innerhalb des Teams große Wertschätzung genießt, auch gegen Dortmund und in Sevilla gespielt. Vier Spiele, vier Niederlagen. Ein Problem für den Kopf? Nein, sagt Pervan. "Ich lasse mich deshalb nicht aus der Ruhe bringen, weil ich weiß, was das für Gegner waren." Top-Gegner. "Ich weiß, wie es dazu kam. Ich bin schon sehr selbstkritisch, aber ich versuche mich deswegen nicht zu zerfleischen."
Sein Ziel ist immer, zu null zu spielen. In Freiburg gelang das nicht, Stürmer Max Kruse wurde hernach deutlich ("Wir haben, auf gut Deutsch gesagt, scheiße verteidigt“). Nicht zum ersten Mal war er mit Mitspielern hart ins Gericht gegangen. Manager Schmadtke hatte daraufhin gesagt, ein Team müsse so etwas aushalten können und müsse das unter sich klären. Das passiert, wie Pervan andeutet. "Wir sind schon sehr kritisch untereinander", sagt er. Bei aller berechtigter Kritik sei jedoch ganz wichtig: "Wir müssen auch immer aufpassen, dass es zu keiner Spaltung kommt." Das sei jedoch nicht der Fall. "Wir können alle gut mit Kritik leben und sagen uns Sachen offen und ehrlich ins Gesicht. Und das ist auch gut so."
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