Schmallippig und angefressen hat Trainer Julian Nagelsmann auf die harte Kritik von Kapitän Manuel Neuer an den Verantwortlichen des FC Bayern reagiert. "Ich aus meiner Perspektive hätte dieses Interview nicht gegeben. Erst recht, wenn dort auch zu lesen ist, dass der Klub im Vordergrund steht. Natürlich trägt das nicht gerade zur Ruhe bei. Es geistert durch die Gazetten und beschäftigt ganz Fußball-Deutschland", sagte der Coach vor dem Bundesliga-Spiel am Sonntagabend beim VfL Wolfsburg am DAZN-Mikrofon. Er hätte nach dem am Freitag in der Süddeutschen Zeitung und bei The Athletic erschienenen Interview des Torhüters noch keinen persönlichen Kontakt zu Neuer gehabt.
Der Nationalkeeper hatte die Führung des Klubs wegen der Trennung von Torwart-Trainer Toni Tapalovic deutlich attackiert. Dies sei "das Krasseste" gewesen, was er in seiner Karriere erlebt habe, sagte der mit einem Unterschenkelbruch noch lange fehlende DFB-Kapitän: "Für mich war das ein Schlag, als ich bereits am Boden lag. Ich hatte das Gefühl, mir wird mein Herz rausgerissen." Bayerns Vorstandschef Oliver Kahn hatte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur bereits "deutliche Gespräche" mit Neuer angekündigt.
Zudem verwies der einstige Weltklasse-Keeper in seiner Stellungnahme darauf, dass er sich 2004 in einer ähnlichen Situation wie Neuer befunden habe. Damals sei es beim DFB zum Bruch mit Torwart-Trainer Sepp Maier gekommen. Auch er habe damals Wut über die Entscheidung des Verbandes gespürt, sich aber gegen eine Äußerung in der Öffentlichkeit entschieden, berichtete Kahn. "Oliver Kahn hat ein sehr, sehr gutes Statement abgegeben, wo viel drinsteht und wo er auch von persönlichen Erfahrungen spricht - die vielleicht ein Stück weit vergleichbar sind - und wie er dann gehandelt hat", meinte Nagelsmann.
Der Trainer, der mit Tapalovic in manchen Fragen nicht überein gekommen sein soll, weiter: "Ich habe mit Manu und den Verantwortlichen ein gutes Gespräch gehabt. Ich habe auch mit Manu ein sehr gutes Gespräch unter vier Augen gehabt - weit vor dem Interview. Dort haben wir Dinge angesprochen und erklärt." Er glaube, dass der von ihm gewählte Schritt, die Gründe für die Trennung von Tapalovic "nicht öffentlich zu machen" der "richtige Weg" gewesen sei.
Ein Ende der Zusammenarbeit mit dem noch bis Sommer 2024 gebundenen Neuer, der mit einem Unterschenkelbruch noch monatelang ausfällt, sieht der Coach allerdings wohl nicht. "Generell ist es bei mir immer so: Ich bin ein harmoniebedürftiger Mensch und meine Tür ist nie geschlossen - auch wenn ich einen anderen Weg gewählt hätte", sagte Nagelsmann, der der konkreten Frage, ob Neuer auch künftig Kapitän sein werde, allerdings auswich.
"Wir haben extrem wichtige Wochen. Manu ist verletzt. Manu muss gesund werden. Manu soll wieder fit werden und den Spaß am Fußball wieder haben. Er hat keine leichte Phase - aufgrund der Entscheidung und aufgrund seiner Verletzung. Ich habe schon oft betont, dass er der beste Torwart der Welt ist. Ich hoffe, dass er gesund zurückkommt. Alles andere ist dann Zukunftsmusik", sagte der Trainer.
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