09. April 2020 / 18:06 Uhr

Das ist der neue Hertha-Trainer Bruno Labbadia: Kämpfer gegen die Skepsis

Das ist der neue Hertha-Trainer Bruno Labbadia: Kämpfer gegen die Skepsis

Stephan Henke
Märkische Allgemeine Zeitung
<b>Bruno Labbadia:</b> Darmstadt, HSV, Kaiserslautern, FC Bayern, Köln, Werder, Bielefeld und der KSC. Die Spielerstationen von Labbadia zeigen, wie begehrt der Stürmer gewesen sein muss. Als Coach startet er bei Darmstadt und geht 2007 zu Greuther Fürth. 2008 schlägt dann Leverkusen zu. Die Werkself trainiert er ein Jahr lang, unter anderem in der Königsklasse. Nach seinem Rauswurf heuert er beim HSV an, hält sich aber nur neun Monate. Im Dezember 2010 geht er zum VfB Stuttgart. Fast drei Jahre später muss er auch dort den Hut nehmen. Im Sommer 2015 kehrt er zum HSV zurück und wird 2016 wieder entlassen. Im Februar 2018 übernimmt er in Wolfsburg und führt die Niedersachsen zurück nach Europa. Wegen Differenzen mit Manager Schmadtke verlässt er den Verein 2019 und hat seitdem keinen Job als Coach
Am Ende seiner Zeit in Wolfsburg wurde Bruno Labbadia gefeiert - bei seiner Ankunft schlug ihm allerdings jede Menge Skepsis entgegen. © Getty Images
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Seit Donnerstagnachmittag ist es offiziell: Bruno Labbadia wird neuer Cheftrainer von Hertha BSC. Wie tickt der 54-Jährige, der den Ruf als Feuerwehrmann der Bundesliga hat? 

Dass Michael Preetz die Frage missfiel, war schwer zu übersehen. Ob man davon ausgehen könne, "dass nicht unbedingt die üblichen Verdächtigen wie Bruno Labbadia et cetera kommen sollen", wurde Herthas Manager auf der denkwürdigen Pressekonferenz nach dem spektakulären Abgang von Jürgen Klinsmann gefragt. Preetz holte hörbar Luft, sortierte seine Gedanken und wies die Frage "als schon beinahe despektierliche Äußerung" zurück, "wenn wir über einen Kollegen sprechen, der in den letzten Jahren in der Bundesliga sehr, sehr gute Arbeit geleistet hat", sagte Preetz auf dem Podium neben Investor Lars Windhorst und Präsident Werner Gegenbauer.

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Niko Kovac sagt Hertha ab

Knapp zwei Monate später ist der "übliche Verdächtige" Labbadia tatsächlich Trainer von Hertha BSC, am Donnerstag gaben die Berliner die Verpflichtung des 54-Jährigen bekannt. Dass ihn Preetz schon im Februar auf der Liste als möglichen Klinsmann-Nachfolger hatte, gilt als verbrieft und erklärt auch seine Reaktion auf die Frage - nur stand Labbadia nicht ganz oben auf der Liste. Laut Bild hatte Herthas Manager mehrere Anläufe bei Wunschkandidat Niko Kovac gestartet, doch scheiterte er damit jeweils, so dass Labbadia am Ende in die Pole Position rückte.

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Von Helmut Schön bis Jürgen Röber: Die Vorgänger von Hertha-Trainer Tayfun Korkut. © dpa

Eigentlich sollte Alexander Nouri, zuvor Co-Trainer von Klinsmann, bis zum Ende der Saison das Team führen. "Durch die aktuelle Situation bezüglich des Corona-Virus und die Unterbrechung der Saison erleben wir gerade eine Art vorgezogene Sommerpause. Wir haben uns dazu entschlossen, diese Chance, die Mannschaft in den nächsten Wochen auf eine mögliche Fortführung der Saison vorbereiten zu können, zu nutzen und unsere Entscheidung auf der Trainerposition vorzuziehen. Damit ist nun auch klar, wer die Mannschaft in der kommenden Saison trainieren wird", begründet Preetz die vom Zeitpunkt zunächst überraschend erscheinende Entscheidung.

Umgänglich und emotional

Labbadia, der als umgänglicher und emotionaler Trainer gilt, soll die kriselnde Hertha wieder auf Kurs bringen. Dafür könnte er tatsächlich die richtige Wahl sein: Der Fußballlehrer mit italienischen Wurzeln bringt jede Menge Bundesliga-Erfahrung sowohl als Spieler (328 Spiele, 103 Tore) als auch als Trainer (245 Spiele) mit, coachte unter anderem Bayer Leverkusen, den VfB Stuttgart, zweimal den Hamburger SV und bis zum vergangenen Sommer den VfL Wolfsburg. Die Niedersachsen führte der Ex-Nationalspieler aus der Abstiegsregion innerhalb von 16 Monaten ins internationale Geschäft. Doch das Verhältnis zu Wolfsburgs Sport-Geschäftsführer Jörg Schmadtke galt nicht unbedingt als freundschaftlich, weshalb es zu keiner Vertragsverlängerung nach der äußerst erfolgreichen Saison kam, die der VfL auf Platz sechs beendete.

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"Mit Bruno bekommen wir jemanden, der die Bundesliga durch viele Jahre als Spieler und Trainer im Detail kennt und bei seinen Stationen gezeigt hat, dass er Teams stabilisieren und entwickeln und im nächsten Schritt in obere Tabellenregionen führen kann", sagte Preetz in einer Vereinsmitteilung. Am Montag soll Labbadia, dessen Neffe Sascha Glass in der Frauen-Bundesliga den 1. FC Köln trainiert, offiziell vorgestellt werden. Laut Medienberichten erhält er einen Vertrag bis 2022 und soll rund drei Millionen Euro kassieren.

Häme zum Start, Anerkennung zum Abschied

Dort wo Labbadia als Trainer auftaucht, schwingt meist Skepsis mit, das Image als Feuerwehrmanns klebt an ihm wie Baumharz. Als er im März 2018 mit Wolfsburg das erste Heimspiel bestritt, sangen die Fans: „Wir steigen ab, wir kommen nie wieder, wir haben Bruno Labbadia." Doch Labbadia biss sich mit einer schwer zu führenden Mannschaft durch und schaffte in der Relegation gegen Holstein Kiel noch den Klassenerhalt. Anschließend formte er eine Einheit bei den Wölfen, ließ ein variables System zwischen 4-4-2 und 4-3-3 spielen - und hatte mit seinem Ballbesitzfußball großen Erfolg, sodass die Fans bei seinem Abschied nicht ohne Selbstironie das Plakat präsentierten: „Wir blieben drin, wir kamen wieder, wir danken Bruno Labbadia.“

Auch bei den Fans von Hertha BSC war in den sozialen Medien kein einheitliches Meinungsbild auszumachen, wobei Labbadia von einigen verteidigt wurde, schließlich habe er bei seinen Stationen meist Erfolge vorzuweisen gehabt. In Wolfsburg wurde Labbadia ein großer Ehrgeiz nachgesagt. Während der Verein eher kleinere Brötchen backen wollte, drängte er in der Winterpause 2018/19 auf Verstärkungen. In Berlin kann der ehemalige Angreifer, der in seiner Karriere unter anderem für den FC Bayern München, Werder Bremen und den 1. FC Köln spielte, so ziemlich aus dem Vollen schöpfen.

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Klickt Euch durch die Galerie der 50 ehemaligen Spieler von Hertha BSC. ©

Im vergangenen Winter investierte die Hertha knapp 80 Millionen Euro in neue Spieler, die Ambitionen sind hoch beim selbsternannten Big City Club, der auch durch die 224 Millionen Euro von Investor Windhorst sich 2020/21 für die Europa League qualifizieren will und ein Jahr später die Königsklasse anstrebt. Das passt zu Labbadias Anspruch, "Hertha BSC ist ein Verein mit einem klaren, ambitionierten Plan für die Zukunft. Wir haben große Lust, Teil dieses Plans und der Weiterentwicklung von Hertha zu sein", sagt Labbadia und meint damit sich und sein Trainerteam Eddy Sözer, Olaf Janßen (beide Co-Trainer) und Günter Kern (Athletiktrainer)." Ob sie zu Herthas Ambitionen passen, werden die nächsten Monate zeigen.

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