Pro: Ja, denn die Eintracht kann mittlerweile Dominanz!
von SPORTBUZZER-Redakteur Roman Gerth
Rund anderthalb ist es her, dass Eintracht Frankfurt im Europa-League-Halbfinale gegen den FC Chelsea stand - und parallel an einem Champions-League-Platz in der Bundesliga schnupperte. Am Ende kam das Aus auf internationaler Bühne, in der Liga verspielten die Hessen sogar beinahe noch die Euro-League-Qualifikation. Doch in diesem Jahr ist vieles anders.
Mit neun Siegen und zwei Remis aus den vergangenen elf Liga-Spielen geht das Team von Trainer Adi Hütter beflügelt in das - durchaus schwere - Restprogramm. Der Vorteil: Mit den Spielen gegen Leipzig, Dortmund und Gladbach hat Frankfurt beinahe alle direkten Konkurrenten noch vor der Brust. Die Schwächephase hatten die Adlerträger, als man bis Mitte Dezember wochenlang nicht gewann. Seitdem gibt es im Spiel der Eintracht fast nur eines: Konstanz.



Außerdem hat sich die Spielanlage weiterentwickelt. Statt reinem Kampfgeist gibt es mittlerweile viele spielerische Lösungen, was vorrangig am glänzend aufgelegten Amin Younes liegt. Diese Stärke macht die Eintracht unberechenbar, Younes selbst ist plötzlich EM-Kandidat für Bundestrainer Joachim Löw. Die brandgefährlichen Flanken-Läufe von Filip Kostic und die Torgefahr von André Silva wurden mit ihm um ein wichtiges Element ergänzt. Hinzu kommt ein Joker, den wohl jeder Bundesligist gern hätte: Luka Jovic. Der Leih-Rückkehrer von Real Madrid hat schon drei Treffer erzielt und dürfte im Endspurt noch sehr wichtig werden.
Zu all dem kommt die Gelassenheit, die Frankfurt-Coach Hütter ausstrahlt. Mit einem Augenzwinkern in Richtung Titelrennen schauen, ein gesundes Mittelmaß zwischen der Euphorie und dem nötigen Fokus finden - der Österreicher vereint derzeit alles, obwohl es aufgrund seiner Ausstiegsklausel und einem freien Job in Gladbach gerade viel Wirbel um seine Person gibt.
Hütter hat, ebenso wie der ganze Klub, aus der Saison 2018/19 gelernt. Die Eintracht kann mittlerweile Dominanz - auf und neben dem Platz. Und deshalb schafft es die SGE auch erstmals seit Einführung des Wettbewerbs in die Champions League.
Contra: Nein, denn die Eintracht ist zu abhängig von Schlüsselspielern
von SPORTBUZZER-Redakteur André Batistic
Ohne Frage ist Eintracht Frankfurt das Team der Stunde. Der Fußball, den das Team von Trainer Hütter spielt, ist beeindruckend. Die Frage ist nur, wie lange ihn die SGE in dieser Saison noch genau so zelebrieren kann. Gerade zum Saisonende, zudem in einer Spielzeit ohne echte Winterpause, steigt die Belastung um ein Vielfaches - und damit natürlich auch das Verletzungsrisiko. Doch von genau diesem Glück, dass die Stammspieler seit Wochen weitestgehend unversehrt geblieben sind, lebt die Eintracht gerade. Während sich Schalke 04 mit mehr als einem Dutzend Verletzten Richtung 2. Liga quält, lebt der hessische Traum von der Königsklasse. Ein Blick auf die Ersatzbank zeigt jedoch: Der Frankfurter Erfolg ist ein labiles Gebilde.
Verletzen sich mehrere Groß-Kaliber der aktuellen Stamm-Elf um Dribbel-Künstler Amin Younes und Flügelflitzer Filip Kostic, wäre Frankfurt in großer Not. Schon der kurzfristige Ausfall von Top-Torjäger André Silva im Topspiel gegen die Bayern hat gezeigt, dass es der schmale Kader nicht hergibt, ihn eins zu eins zu ersetzen. Es brauchte eine kollektive Mannschaftsleistung, um gegen die Bayern sensationell mit 2:1 zu gewinnen. Wie lange das so gut geht, liegt in den Sternen. Die Eintracht spielt, besonders nach der Kader-Ausdünnung aus finanziellen Gründen in der Winterpause, ein gefährliches Spiel. Mit unklarem Ausgang. Auf der Bank sitzt zu wenig Qualität. Zwei bis drei langfristige Ausfälle könnten die Champions-League-Hoffnungen also mit einem Schlag zerstören. Und angesichts des Pensums in den vergangenen Monaten müssten einige Profis eigentlich schon jetzt auf dem Zahnfleisch gehen.
Doch selbst ohne Verletzungen dürfte es für Frankfurt mit der Königsklassen-Qualifikation schwierig werden. Qualitativ besser besetzte Mannschaften wie der BVB, Gladbach oder Leverkusen, die aktuell noch hinter der Eintracht stehen, haben mit zwölf ausstehenden Partien noch genug Zeit, um ihre Formkrise zu überwinden. Und vielleicht bekommt das Hütter-Team auch wieder das große Zittern. In der Saison 2018/19, damals noch mit der alles überragenden "Büffelherde" im Sturm, hatten die Hessen sechs Spieltage vor Schluss als Tabellen-Vierter vier Punkte Vorsprung auf die Konkurrenz - gewannen danach aber kein Spiel mehr. Auch das müssen die Spieler bei der nun zweiten Chance erstmal aus dem Kopf bekommen ...