Trotzreaktion oder weiterer Rückschlag? Bayer Leverkusen steht im Saison-Endspurt am Scheideweg. Mental schwer angeschlagen nach den schweren Verletzungen der Schlüsselspieler Florian Wirtz und Jeremie Frimpong muss die Werkself am Donnerstag (18.45 Uhr) zum Achtelfinal-Rückspiel gegen Atalanta Bergamo antreten. "Man kann enttäuscht sein, trotzdem müssen wir jetzt nach vorne schauen. Wir können aber auch eine gewisse Stärke daraus ziehen, indem wir alle noch mehr zusammenrücken jetzt", forderte Leverkusens Trainer Gerardo Seoane am Mittwoch.

Sein Team steht ohne drei Leistungsträger, nach wie vor fehlt auch Torjäger Patrik Schick mit einer Wadenverletzung, vor einer immensen Herausforderung nach dem 2:3 im Hinspiel. "Das ist eine richtig abgezockte Mannschaft, die mit viel Intensität und großer Zweikampfstärke spielt", sagte Seoane. "Da brauchen wir eine konstantere Leistung als im Hinspiel." Doch gerade jetzt befindet sich Leverkusen im Stimmungstief. Insbesondere der Kreuzbandriss von Jungstar Wirtz war ein Schock - in erster Linie für den 18-Jährigen, der ernsthaft um seine WM-Teilnahme im November bangen muss, aber auch für den gesamten Klub. Wirtz wartet noch auf die OP, da erst die Schwellung im Knie abklingen muss.

"Florian kann man nicht 1:1 ersetzen"

"Florian kann man nicht 1:1 zu ersetzen", sagte Seoane. "Wir können das auffangen, wenn jeder mehr Verantwortung übernimmt." Gleichwohl drückt die schwere Verletzung zur Unzeit aufs Gemüt. "Uns fehlen natürlich jetzt sehr wichtige Spieler. Das wird ein schwieriges Spiel für uns. Jetzt müssen es eben die anderen richten", sagte Mittelfeldspieler Exequiel Palacios.

Nicht minder bitter für die Werkself ist der Riss der Syndesmose im rechten Sprunggelenk von Frimpong. Auch der Rechtsverteidiger, der in 25 von bislang 26 Bundesligaspielen zur Startelf gehörte, wird in dieser Saison nicht mehr spielen. Gerade jetzt im Hinblick auf das 2:3 im Hinspiel könnte Leverkusen zudem die Treffsicherheit von Torjäger Patrik Schick bestens gebrauchen. Doch der Tscheche fällt ebenfalls noch wegen der Nachwehen einer Wadenverletzung aus, auch wenn ihn sein Nationaltrainer Jaroslav Silhavy für das Playoff-Spiel in der WM-Qualifikation gegen Schweden am 24. März nominierte.

Die Verletzungen der Schlüsselspieler wiegen noch schwerer als das bittere 0:1 im Nachbarschaftsduell mit dem 1. FC Köln. Und das obwohl Bayer nun mehr denn je um die erneute Champions-League-Teilnahme bangen muss - die eigentlich bei den Ansprüchen der Führung Pflicht ist. Somit ist der Druck hoch, zumindest in der Europa League noch länger mitzumischen. "Für uns ist das Spiel wie ein Finale", sagte Palacios.

Zwei Rückkehrer vor dem Europa-League-Achtelfinalrückspiel

Immerhin kehren in Karim Bellarabi und Robert Andrich zwei wichtige Akteure wieder zurück. Gerade Andrich könnte im defensiven Mittelfeld für Seoane jetzt besonders wertvoll werden. "Rob ist ein wichtiger Spieler für uns, sehr stark im Zweikampf", sagte Seoane, der zuvor mangelnde Robustheit" angemerkt hatte. Ohnehin dürfte der Schweizer wegen des Fehlens seiner Offensivkräfte Wirtz und Schick eher eine kompaktere Ausrichtung wählen. "Wir werden nicht von Anfang Vollgas geben. Wir haben 90 Minuten Zeit. Es kann auch in die Verlängerung oder ins Elfmeterschießen gehen. Da brauchen wir Geduld", sagte Seoane vielsagend.